Überblick — Dienstleistungen und Grundlagen richtig einordnen.
Die Kernaussage: Eine belastbare Total Cost of Ownership (TCO)‑Berechnung für KI‑Projekte ist möglich und notwendig; sie verhindert Budgetüberschreitungen, zeigt echte Betriebs- und Integrationskosten und schafft Entscheidungsgrundlagen für KMU‑Dienstleistungen und SaaS‑Einführungen.
Warum TCO für KI‑Projekte anders gerechnet werden muss
KI‑Projekte erzeugen nicht nur einmalige Entwicklungskosten. Sie verursachen fortlaufende Aufwände für Datenpflege, Modellbetrieb, Infrastruktur, Sicherheit und Lizenzgebühren. Viele KMU unterschätzen laufende Kosten und überbewerten kurzfristige Einsparungen durch Cloud‑Credits oder Proof‑of‑Concepts. Infolgedessen scheitern Implementationen trotz erfolgreicher Pilotphasen. Relevante Begriffe wie Modellhosting, Datenpipeline, Inferenzkosten, MLOps und SaaS‑Integrationen gehören in jede TCO‑Berechnung.
Kernkomponenten der TCO für KI‑Projekte
Einmalkosten: Anforderungsanalyse, Datenaufbereitung, Modelltraining, Prototyping, Integrationsentwicklung. Beispiel: Ein KMU bezahlt 30 000 CHF für Datenbereinigung und erstes Modelltraining.
Laufende Kosten: Cloud‑Rechenzeit für Inferenz, Speicher, Datenstromkosten, Monitoring, Backups. Beispiel: Monatlich 1 500 CHF für Hosting und Speicher eines Kunden‑Chatbots.
Betrieb und Personal: DevOps/MLOps, Data‑Engineers, Data‑Scientists, Support, Maintenance. Beispiel: Halbzeit MLOps‑Rolle kostet ~4 000 CHF/Monat.
Lizenzen und Drittservices: Modell‑APIs, kommerzielle Bibliotheken, Sicherheitsscans, Compliance‑Tools.
Risiken und indirekte Kosten: Datenqualitätseinbussen, Downtime, Re‑Training bei Konzeptdrift, Rechts‑ und Datenschutzaufwand.
Praxis: Messbare Ansätze zur Erfassung der Kosten
Beginnen Sie mit einer klaren Scope‑Definition: Welche Funktionen liefert das KI‑System, welche Volumen an Requests sind zu erwarten? Erfassen Sie Metriken: Trainingsstunden, Inferenz‑Calls/Monat, Datenwachstum/Monat, SLAs. Nutzen Sie konkrete Preise Ihres Cloud‑Anbieters oder Ihres SaaS‑Partners und rechnen Sie konservativ (z. B. +20% Sicherheitszuschlag). Beispiel: Bei 50 000 Inferenz‑Calls/Monat × 0,0002 CHF/Call ergibt das 10 CHF/Monat minus Spitzenzeiten; mit Monitoring/Redundanz plausibel 50–100 CHF/Monat.
Integration, Sicherheit und Compliance richtig einrechnen
Integration in bestehende Systeme verursacht meist unerwartete Aufwände: API‑Adapter, Authentifizierung, Data‑Mapping. Planen Sie Tests, Sicherheitspenetrationen und Datenschutzdokumentation ein. Beispiel: Eine Schnittstelle zum ERP kann leicht 2–3 Wochen Entwicklungsaufwand benötigen; veranschlagen Sie dafür 8–12 Manntage. Berücksichtigen Sie Strafen oder Aufwand bei Datenschutzvorfällen als Risikoposten.
Typische Fehler und Korrekturen
Fehler 1: Nur Projektkosten betrachten, keine laufenden Betriebskosten. Korrektur: Modellkosten über 3–5 Jahre berechnen, inklusive Personal- und Infrastrukturkosten.
Fehler 2: Unrealistische Nutzungsannahmen (zu hohe Volumen oder perfekte Datenqualität). Korrektur: Szenarien erstellen (konservativ, realistisch, optimistisch) und Sensitivitätsanalyse durchführen.
Fehler 3: Sicherheits- und Compliance‑Aufwand vernachlässigen. Korrektur: Frühzeitige Einbeziehung von IT‑Sicherheit und Datenschutz, fixe Budgetposten für Audits und Dokumentation.
Beispielrechnung (verkürzt, KMU‑Fall)
Szenario: KMU führt KI‑basierte Kundenanfragen‑Klassifikation ein.
Einmalkosten: Datenaufbereitung 20 000 CHF, Modellentwicklung 25 000 CHF, Integration 10 000 CHF = 55 000 CHF.
Laufende Kosten/Jahr: Hosting 6 000 CHF, Monitoring/Security 9 000 CHF, MLOps/Support 48 000 CHF = 63 000 CHF/Jahr.TCO über 3 Jahre = 55 000 + 3 × 63 000 = 244 000 CHF. Pro Monat effektiv ~6 778 CHF. Diese Zahl zeigt, wie wichtig verlässliche Nutzungsprognosen und Effizienzmassnahmen sind.
Konkrete 14–30‑Tage‑Handlungsanleitung
Tag 1–3: Scope definieren. Dokumentieren Sie Funktionen, Nutzerzahlen, erwartete Requests/Tag und SLA‑Anforderungen.
Tag 4–7: Datencheck durchführen. Datenquellen identifizieren, Datenvolumen messen, grobe Qualitätsanalyse (Fehlerraten, fehlenede Felder).
Tag 8–10: Kostenkatalog erstellen. Listen Sie Einmalkosten und laufende Kosten auf, holen Sie Preise von Cloud/SaaS‑Anbietern und internen Stundensätzen ein.
Tag 11–14: Drei Szenarien berechnen (konservativ, realistisch, optimistisch). Inkludieren Sie Sicherheits‑ und Compliance‑Posten.
Tag 15–18: Sensitivitätsanalyse. Variieren Sie Inferenz‑Volumen und Personalaufwand um ±30% und prüfen Sie Budgetwirkung.
Tag 19–22: Integrationscheck. Klären Sie Schnittstellenaufwände mit IT, schätzen Sie Entwicklungszeit in Manntagen.
Tag 23–26: Risiko‑Posten definieren. Listen Sie Data‑Drift, Downtime, Datenschutz‑Aufwände und setzen Sie Pufferbeträge (z. B. 15–25%).
Tag 27–30: Zusammenfassung erstellen und Entscheidungsvorlage. Präsentieren Sie TCO über 3 Jahre, Break‑Even‑Szenario und Empfehlungen zur Kostensenkung (Batch‑Inferenz, Model‑Compression, SLA‑Reduktion).
Diese Schritte liefern eine belastbare, handlungsfähige TCO‑Basis für KI‑Projekte in KMU‑Umgebungen und für B2B‑Dienstleistungen oder SaaS‑Einführungen. Setzen Sie die Zahlen in Ihre Geschäftsplanung und überprüfen Sie die TCO halbjährlich.
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