Praxis – Beispiele und Projekten richtig einordnen.
Kernaussage: Agentic AI liefert KMU messbaren Mehrwert, wenn sie klare Ziele, beschränkte Zuständigkeiten und robuste Kontrollmechanismen erhält.
Was ist Agentic AI und warum es für KMU relevant ist
Agentic AI umfasst autonome Softwareagenten, die Aufgaben selbstständig planen, priorisieren und ausführen. Für KMU bedeutet das: Routineaufgaben automatisieren, Entscheidungsunterstützung bereitstellen und Prozesse beschleunigen. Relevant sind Use‑Cases wie Angebots‑ und Nachfassautomatisierung, Bestandsoptimierung, Reklamationsbearbeitung und Content‑Produktion. Wichtig: Agentic AI ersetzt nicht die Geschäftsleitung, sie erweitert die Handlungsfähigkeit des Teams.
Klare Zielsetzung und begrenzter Aufgabenraum
Erfolgreiche Einführung beginnt mit konkret definierten Zielen. Beschränken Sie Agenten auf eng umrissene Aufgaben mit klaren Erfolgskriterien, z. B. „Erhöhe Angebotsannahmequote um 5 % innerhalb von 3 Monaten durch automatisiertes Nachfassen per E‑Mail und Reminder“. Legen Sie Eingabedaten, erlaubte Aktionen (z. B. E‑Mail senden, CRM‑Tag setzen) und unerlaubte Aktionen fest. So vermeiden Sie Drift, unnötige Eingriffe in Kernsysteme und Compliance‑Risiken.
Integration in bestehende Prozesse und Rollen
Agentic AI funktioniert nur in Verbindung mit klaren Prozessen. Kartografieren Sie zunächst den Prozessendpunkt — wer trägt die Verantwortung bei Eskalationen? — und definieren Sie Schnittstellen zu CRM, ERP und Kalendern. Beispiel Praxis: Ein Dienstleistungsbetrieb setzt einen Agenten für Terminvorschläge ein. Der Agent darf drei alternative Zeiten vorschlagen, Termine nur nach Freigabe durch einen Mitarbeitenden bestätigen. So bleibt die Kontrolle beim Team, während Routinearbeit entfällt.
Sicherheit, Kontrolle und Nachvollziehbarkeit
Agentische Systeme müssen nachvollziehbar und auditierbar sein. Protokollieren Sie Entscheidungen des Agenten, verwendete Datenquellen und Alternativen, die verworfen wurden. Setzen Sie Rollbacks und Schwellenwerte für menschliche Intervention. Beispiel: Beim automatisierten Bestellvorschlag in einem Produktionsbetrieb gilt eine Maximalgrenze, ab der ein Einkäufer die Bestellung prüfen muss. So verhindern Sie ungeplante Ausgaben und behalten Compliance.
Typische Fehler und Korrekturen
Fehler: Zu breite Aufgabe, Agent handelt ausserhalb der Verantwortung. Korrektur: Zerlegen Sie Aufgaben in kleine, isolierte Agenten mit klaren Befugnissen und definierten Schnittstellen.
Fehler: Keine Metriken, Erfolg wird nicht gemessen. Korrektur: Definieren Sie vor dem Rollout KPIs (z. B. Durchlaufzeit, Fehlerquote, Conversion) und messen Sie kontinuierlich.
Fehler: Fehlende Eskalationsregeln bei Unsicherheit. Korrektur: Implementieren Sie Schwellenwerte für menschliche Prüfung und automatische Eskalationspfade.
Praxisbeispiele aus dem KMU-Alltag
Vertrieb: Agent überwacht Angebotsfristen, sendet personalisierte Follow‑ups und markiert Leads mit hoher Abschlusswahrscheinlichkeit im CRM. Menschen übernehmen Verhandlungen.
Lager/Logistik: Agent analysiert Verbrauchsmuster, schlägt Nachbestellungen vor und löst Bestellungen nur bis einem definierten Betrag aus.
Kundenservice: Agent klassifiziert Anfragen, beantwortet Standardfragen und leitet komplexe Fälle mit zusammengefassten Kontextdaten an Mitarbeitende weiter.
Erfolgsfaktoren für nachhaltigen Betrieb
Führen Sie schrittweise ein. Beginnen Sie mit Pilotprojekten in einem Bereich, dokumentieren Sie Learnings, standardisieren Sie erfolgreiche Muster und bauen Sie Governance‑Regeln aus. Schulen Sie Mitarbeitende auf zwei Ebenen: Bedienung der Agenten und Interpretation der ausgegebenen Empfehlungen. Halten Sie Datenschutz- und Sicherheitsanforderungen ein, insbesondere bei Kundendaten.
14–30‑Tage‑Handlungsanleitung (konkret und nummeriert)
Tag 1–3: Ziel definieren. Wählen Sie einen klaren Use‑Case (z. B. Angebotsnachfass) und formulieren Sie Erfolgskriterien und KPIs.
Tag 4–6: Prozesskarte erstellen. Dokumentieren Sie den aktuellen Ablauf, Schnittstellen und Entscheidungsstellen.
Tag 7–9: Aufgaben beschränken. Zerlegen Sie den Use‑Case in maximal drei klar umrissene Agenten und legen Sie Befugnisse fest.
Tag 10–12: Technologieauswahl. Wählen Sie eine Lösung, die Protokollierung, Rollensteuerung und einfache Integration mit Ihrem CRM/ERP bietet.
Tag 13–16: Pilot konfigurieren. Richten Sie den Agenten mit Testdaten ein, definieren Sie Eskalationsschwellen und Protokollierung.
Tag 17–20: Pilot laufen lassen. Führen Sie den Agenten im Shadow‑Mode oder mit begrenztem Live‑Einsatz und sammeln Sie Metriken.
Tag 21–24: Auswertung. Vergleichen Sie KPIs mit Basiswerten, prüfen Sie Protokolle auf unerwünschte Aktionen, holen Sie Feedback von Mitarbeitenden ein.
Tag 25–27: Anpassungen. Begrenzen Sie Aktionen weiter, korrigieren Sie Regeln und verbessern Datenquellen.
Tag 28–30: Rollout‑Entscheid. Entscheiden Sie anhand der KPIs und Feedbacks über erweiterten Einsatz oder zusätzliche Piloten. Dokumentieren Sie Governance‑Regeln und erstellen Sie Schulungsunterlagen.
Führen Sie Agentic AI mit klaren Grenzen, messbaren Zielen und menschlicher Verantwortung ein. So schaffen KMU schnell Nutzen bei kontrolliertem Risiko.
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